Wie der Obelisk in Hötensleben wieder zu seinem Gesicht gekommen ist
Der Hötensleber Obelisk zwischen altem Sportplatz und Hospitalstraße hat seine kaiserliche Prägung zurück. Wie es dazu kam.
Seit fast 120 Jahren ziert das Kaiser-Wilhelm-Denkmal das Hötensleber Ortsbild. Längst nicht mehr ganz so schick wie einst und auch ein Stück weit in Vergessenheit geraten. Aber sichtlich vorhanden.
Im Gemeinderat hatte es daher Zustimmung für die Anregung gegeben, das Wahrzeichen instandzusetzen. Mit dem Einbau des Konterfeis von Kaiser Wilhelm I. ist der erste Schritt erfolgt. Ein oder zwei weitere sollen möglichst noch folgen.
Der zugrundeliegende Ratsbeschluss datiert noch aus dem Jahr 2021. Er wurde auf Vorschlag von Rainer Siedekum gefasst und gewährte im Haushalt der Gemeinde 12000 Euro zwecks Restaurierung des Denkmals. „Die Mittel waren für 2022 eingestellt, mussten aufgrund verschiedener Schwierigkeiten aber auf 2023 übertragen werden“, erklärt Siedekum. Gut ein Drittel des Budgets ist nun für Anfertigung und Anbringung des Bronzereliefs verbraucht worden. Die weiteren Mittel sollen auf die Sanierung des Sockels verwendet werden. „Das wird schon in Kürze geschehen“, kündigt Bürgermeister Stephan Löffler an. Außerdem würde man gern noch der äußeren Schicht des Obelisken, insbesondere der Inschrift auf der verwitterten Ostseite zu neuem Glanz verhelfen.
Zur Historie, Bedeutung und Beschaffenheit der freistehenden Spitzsäule weiß Ortschronist und Ratsmitglied Wulf Biallas einiges zu berichten: „Das Denkmal wurde im September 1903 errichtet, gestiftet von Friedrich Kress, seines Zeichens Direktor der Grubengewerkschaft Vereinigte Victoria. Es ist knapp viereinhalb Meter hoch und weist zwei Besonderheiten auf, die aus meiner Sicht bemerkenswert sind. Die erste betrifft die rötliche Farbe, die daher rührt, dass der Obelisk aus dem weithin bekannten Bebertaler Sandstein gefertigt ist. Und die zweite: Wo in unserer näheren Umgebung befindet sich denn überhaupt noch ein Kaiserdenkmal?“
In Biallas' Augen sei es „ein kleines Wunder, dass das Denkmal den Sozialismus überdauert hat.“ Dem pflichtet Rainer Siedekum bei: „Von den einstmals zahlreichen Denkmälern in Deutschland für den Kaiser und seinen Kanzler Bismarck sind nicht viele geblieben. Aber die damalige Epoche ist es durchaus wert, an sie erinnert zu werden. Sie war der Anfang des vereinten Deutschlands, und in ihr liegen die Wurzeln unseres Sozialstaats und des wirtschaftlichen Wohlstands.“
Man wolle damit keine Kaisertreue zelebrieren, betonen Biallas und Siedekum unisono, sondern den historischen Kontext und eine letztlich ortsbildprägende Erscheinung bewahren. Darüber weiß der Ortschronist: „Das Areal hier stellte vor der Errichtung des Denkmals ein unschönes Bild dar –und das quasi direkt am Bahnhof eines Ortes mit stattlichen 5000 Einwohnern. Es war nur eine Kuhle, die als Schandfleck galt und daher den Verschönerungsverein auf den Plan rief. Der beschloss die Schaffung einer parkähnlichen Anlage anstelle der Ödlandfläche.“
Es entstand „eine Perle des Ortes“ mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal als zentralen Baustein. „Leider wurde mit der Zeit aber immer weniger Wert auf diese Perle gelegt, die doch eigentlich so repräsentativ für die Geschichte der Gemeinde ist“, so Biallas. Insofern werde mit der Sanierung „der Auflassung des Stifters und der Selbstverpflichtung der Gemeinde Genüge getragen, die geschichtliche Bedeutung des Obelisken wiederherzustellen.“
In der Ende des Monats erscheinenden neuen Ausgabe des Hötensleber Heimathefts wird Wulf Biallas in einer „größeren Abhandlung“ tiefgreifend die historischen Zusammenhänge um das Denkmal darlegen.
Text: Ronny Schoof - Volksstimme