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Lesung "Grenzschicksale als das grüne band noch grau war"

Voll wars im Rathaus am Samstagnachmittag, den 02. März. Zu Gast war Ines Godazgar und sie stellte ihr Buch „Grenzschicksale – Als das grüne Band noch grau war“ vor. Das Rathaus in Hötensleben war bis auf den letzten Platz belegt. Frau Godazgar machte keine Lesung im klassischen Sinn. Zunächst erklärte sie, wie es zu diesem Buch kam, denn Potenzial steckt in diesem Genre. Das Buch enthält 30 sehr persönlichen Porträts von Menschen, die ganz unterschiedliche Erfahrungen aus ihrem Leben auf beiden Seiten der einstigen innerdeutschen Grenze schildern. Darin wird deutlich, wie stark die deutsche Teilung in das persönliche Leben und Arbeiten der Menschen hineinwirkte. Aber auch, wie unterschiedlich man mit dieser Grenze umging. Die geschilderten Lebensgeschichten bestechen durch ihre Nahbarkeit. Sie sind naturgemäß häufig erschreckend, brutal oder tragisch, mindestens so oft aber auch interessant und bewegend, detailreich und spannend, ja oft sogar klug und weise. Im Vordergrund standen die Porträts, die im Zusammenhang mit den anwesenden Zeitzeugen standen oder einen regionalen Bezug hatten. Einige nichtregionale Geschichten mussten aber dennoch angesprochen werden. Wie zum Beispiel das Original Brocken-Benno, der übrigens nicht im Harz geboren wurde sowie über geschleifte Ortschaften wie Groß Grabenstedt oder geteilte Ortschaften wie Böckwitz-Zicherie wurde gesprochen.

Dann ging es über zu einem Gespräch mit den Zeitzeugen. Familie Rautenschlein schilderten ihre Erlebnisse und es wurde sehr emotional. Peter Rautenschlein merkte an, dass die Wiedervereinigung ein Glücksumstand erster Klasse war. Alle waren erleichtert und glücklich über die friedliche Entwicklung in Europa. Leider macht er sich momentan Sorgen um die Ethik, die Menschenrechte und Sicherheitsstandards. Vor allem macht ihn traurig, dass Russland einen Krieg gegen die Ukraine angezettelt hat. Im Interesse der nächsten Generationen hofft er, dass die guten Mächte die Oberhand gewinnen. Die positiven Erlebnisse rund um die Wiedervereinigung bestärken ihn in dem Glauben, dass das möglich ist.

Sehr emotional war auch die Geschichte um die Familie Wachsmuth. Eine Liebe mit Hindernissen und Schikanen. Die Schwester von Gerda Wachsmuth, Brigitte Stöckel, und der Sohn Uwe Wachsmuth schilderten die Ereignisse. Das war so ergreifend, dass viele glasige Augen im Rathaussaal zu sehen waren. Diese Geschichten müssen immer wieder erzählt werden, denn sie schildern, wozu Diktaturen in der Lage sind und das der Mensch und das Menschliche in einer Diktatur nicht zählt. Das sind Fakten, die unsere heranwachsende Generation braucht. Brigitte Stöckel wandert heute noch zu einem Baum, den Harald Wachsmuth am Grenzdenkmal gepflanzt hat, freut sich, dass der Baum stark und gesund ist und freut sich, dass sie einen so großartigen Menschen wie Harald, der leider schon verstorben ist, gekannt hat.

Nicht minder ergreifend waren die Schilderungen von Frau Hashash. Im Mittelpunkt stand die spektakuläre Flucht von Familie Oborny, die nach geglückter Flucht am Hof ihrer Eltern klingelte. 53 Jahre später kam es zu einem Wiedersehen in Büddenstedt. Sie mahnte aber auch, dass die Wiedervereinigung ein großes Glück und das Beste war, was ihr je passiert ist, aber wenn sie die Welt jetzt betrachte, hat sie den Eindruck das die Menschheit nichts gelernt hat. Im heiligen Land werden Mauern gebaut zwei Meter höher als die der innerdeutschen Grenze. Überall entstehen neu Grenzen, die nur durch Toleranz überwunden werden können.

Die Demokratie ist unser höchstes Gut. Aber sie ist nicht selbstverständlich und Engagement ist hier immer notwendig.

Am Schluss der Veranstaltung waren sich die Organisatoren eigentlich sofort einig, das war nicht die letzte Veranstaltung in Zusammenhang mit diesem Buch und Frau Godazgar. Der Grenzdenkmalverein bedankt sich auch noch bei allen Besuchern.

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Veröffentlichung

So, 11. August 2024

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